Michael Konrad - „Des muss mer erlebt hawwe!“
Dienstag, 2. September 2025
Ein fulminanter Auftakt, anders kann man den Abend mit Michael Konrad nicht beschreiben. Die Stuhlreihen im Weingut Hitziger waren voll besetzt, die Gäste von nah und fern angereist, um den umtriebigen Journalisten und Rheinpfalz-Kolumnisten mal „in echt“ zu erleben. Und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht, sondern übertroffen. Sehr nahbar und witzig ging Konrad zur Sache. Er ließ seine Mitbewohnerin, Kumpel Fred, die Erbtante Liesel und Privatdetektiv Johnny Rapunzel ins Bild treten, mit denen allerhand Lebens- und Weltlagen unter die Lupe genommen wurden: Pfälzer beim Babbeln, auf Reisen, bei der Hausarbeit, die Anatomie des Schlürfens… Dabei kratzte Konrad nicht nur lustig an der Oberfläche, sondern sinnierte durchaus tief und ernst, z.B. wenn es um die Bedeutung von Heimat ging. Spielerisch erklärte er Pälzer Poker, warum ein Wäschekorb bzw. dessen korrekte Handhabung olympisch sein könnte und fragte sich, warum niemand mehr mit ihm Monopoly spielen mag (weil er darin schier unbesiegbar ist). Aus dem Publikum unterzogen sich Daniela und Sabine dem „Können Sie Pfälzisch“-Test, bestehend aus Fragen zu Herkunft, Bedeutung und Gebrauch des Pälzischen. Das Buchgeschenk durfte Sabine in Empfang nehmen, nachdem der langanhaltende Schlußapplaus verhallt war und der vom Publikum umlagerte Michael Konrad die letzten Autogramme gegeben hatte.
Claudia Haas-Steigerwald und Bernd Siebold
„Mach, was dich erfüllt und bewegt - Persönlichkeiten im Porträt“
Donnerstag, 4. September 2025
Der Andrang zu dieser Veranstaltung war so groß, dass die als Dekoration dienenden Stühle aus dem Schaufenster der Buchhandlung Lesezeit geholt werden mussten. Vor überlebensgroßen Leinwandporträts berichteten die Autorin Claudia Haas-Steigerwald und der Fotograf Bernd Siebold, dass ein über 80-jähriger Friseur auf dem Weg zu seinen über 100-jährigen Stammkundinnen dem Buchprojekt auf die Sprünge geholfen hat, wie die Kontakte zu den Porträtierten geknüpft wurden, warum sie sich für Bilder in schwarz-weiß entschieden haben, unter welchen Bedingungen die Interviews geführt und wie daraus druckfertige Texte wurden. Aus diesen las die Autorin vor, Auszüge aus Interviews mit dem Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus, der Sprechwissenschaftlerin Christa M. Heilmann, dem Biologen Gerald Hüther und der inzwischen 98-jährigen Hilfsprojektgründerin Rosi Gollmann, die das Publikum schön grüßen ließ. Als Überraschungsgast des Abends war der ehemalige Vorstandsvorsitzende der BASF Jürgen Friedrich Strube aus Mannheim gekommen. Er wandte sich direkt an das Publikum, forderte es auf, mutig zu sein. Lebenslanges Lernen, Laufen, Lieben und Lachen lassen sich seiner Auffassung nach sehr wohl miteinenader vereinen, sagte der bekennende Fan von Ballett, Lyrik und Western-Filmen. Von diesem Appell und nicht zuletzt von den Bildern und Texten von Bernd Siebold und Claudia Haas-Steigerwald war die generationenübergreifende Zuhörerschaft sichtlich und hörbar erfüllt und bewegt - über den Abend hinaus, der bei Gesprächen, Broten und Getränken ein spätes Ende fand.
Frieda Martin und Evelyne Farbacher
„Märchen von starken Frauen für starke Frauen“
Dienstag, 9. September 2025
Es war ein starker Abend: Der Andrang war so stark, dass der unangemeldeten Zuhörerschaft eine gewisse Nervenstärke abverlangt wurde, ob es noch freie Plätze geben würde. Zusätzliche Sitzgelegenheiten herbeizuschaffen und zugleich die Notausgänge freizuhalten, ohne die eigentliche Einrichtung zu derangieren, war das Kunststück, das Elke Schönbach in ihrer LeseZeit mit Muskelkraft und innerer Stärke vollbrachte.
Bei Evelyne Farbachers Akkordeonklängen wurde es ganz still. Frieda Martin ließ sodann „Die sechs Schwäne“ der Gebrüder Grimm einschweben, ein Märchen, das nur dank der seelischen Kraft seiner Protagonistin ein gutes Ende nimmt. Orientalisch-verschmitzt und geistig kraftvoll ging es mit der mündlich überlieferten „Weiberlist“ weiter, in der die Tochter des Schmieds einem schönen reichen Kaufmann zeigt, wo der Hammer hängt. Und hinter den Bergen der Mongolei unterlag der starke Hüne eines mächtigen Khans der körperlichen Kraft einer zornigen jungen Frau, die sich nicht auf die drei berühmten Ks reduzieren lassen wollte, sondern die in ihrer Wut störrische Kühe über Zäune schleuderte und mit Hünen gleichermaßen verfuhr. Im zarten Kerzen- und Lampenschein verbreitete Frau Martin eine märchenhafte Atmosphäre. Der Wechsel von gespanntem Geschichtenlauschen und entspanntem Musikzuhören hatte etwas Meditatives.
Auf Wunsch von Frieda Martin und Evelyn Farbacher gingen die an diesem Abend gesammelten Spenden in Höhe von 570 EUR an Die Tafel Bad Bergzabern e.V. Deren Vorsitzende, Mathilde David, nahm das Spendengeschenk sichtlich überrascht in Empfang und bedankt sich gemeinsam mit dem BuchLese-Team herzlich für diese starke Geste.
Leseabend mit Monika Westphal
„Ihr glücklichen Augen“ von Elke Heidenreich
Dienstag, 23. September 2025
Die Stuhlreihen im gastlichen Haus der Familie mussten noch aufgestockt werden, denn das Interesse an Elke Heidenreichs Reiseberichten war enorm und die Eintrittskarten vergriffen. Monika Westphal zeigte einmal mehr, dass sie die richtige Frau für diesen Lese-Job ist: ruhig, leidenschaftlich, sachlich, verschmitzt, enttäuscht, entrückt - sie trifft den Ton und zieht die Zuhörer in den Bann der heidenreichschen Erlebnisse, von denen sie liest, als wären sie ihr selbst widerfahren (aber wer weiß?!). Nach einem Prolog mit vielen Namen und Zitaten ging‘s erstmal mit wenig Geld nach Paris, später nach Stockholm, wo das Geld schon für einen Hosenanzug von Armani reichte, und irgendwann wurde ein Zwischenstopp auf den Fidschis (Bezugsquelle für bunte Hawaiihemden) eingelegt. Dann rein in den mörderischen Verkehr von Kairo, über das Herodot schon vor rund 2500 Jahren Wunderliches zu berichten wusste. In Rom wurde viel geküsst und vom „guten Papst“ ein Segen fürs Leben stibitzt, während sich im Fahrstuhl eines „schön heruntergekommenen“ New Yorker Hotels ein Literatur-Nobelpreisträger darüber freute, dass ihn jemand als solchen erkannte. Havanna verführte mit kühlen Getränken und Tabakwaren zum Versacken, und Venedig eröffnete sich der Alleinreisenden im Winter, in stiller Nacht. Mit Hund wurde Florenz angesteuert und anstelle der Uffizien das Kabinett eines greisen Veterinärs besucht. Und im Kurhaus von Bad Oeynhausen mischten die Heidenreich und Genossen ein Konzert von Roberto Blanco auf - das bisschen Spaß musste sein. Und den hatte das Publikum an diesem Abend in Bad Bergzabern auch.
Klappstuhllesung - A walk in the park
Auf den Spuren von Jane Austen
mit A. Feuerriegel, S. Dousset, S. Phillips, S. Stein-Eisele und M. Zürn
Sonntag, 28. September 2025
Um es in Anlehnung an Jane Austen zu sagen: An einem trüben Sonntag in Bad Bergzabern leerten sich alle Häuser, und alle Welt erschien dann im Kurpark, um später in den warmen Cafés der Stadt Freunden und Bekannten zu erzählen, was für ein wunderschöner Tag es war.
Bei feinstem englischen Wetter nahmen die fünf Akteurinnen aus Karlsruhe und Wissembourg ihr zahlreich erschienenes Publikum mit auf einen literarischen Spaziergang. Schreibwerkstatt-Meisterin Andrea Feuerriegel stellte zunächst ihre „Azubis“ Melanie Zürn, Stefanie Stein-Eisele, Susan Phillips und Susanne Dousset vor und erklärte die Hintergründe, Aufgabenstellungen und Methoden des VHS-Schreibseminars zum 250. Geburtstag von Jane Austen.
An vier Stationen entlang des Erlenbachs und an der Wassertrete trugen die fünf Frauen abwechselnd ihre Texte zum Leben und Alltag der englischen Autorin vor, wobei Frau Feuerriegel einfühlsam die Beiträge einer kurzfristig ausgefallenen Teilnehmerin vorlas.
In biografischen Skizzen gingen die Schreiberinnen der Frage „Wer war Jane Austen“ nach, die familiäre Eckdaten, Jugendfreundinnen, Charakter und Aussehen, Zeitvertreib and a nice cup of tea beschrieben. Mit prosaischen und lyrischen Resonanzen zu kurzen Austen-Zitaten wurde es philosopisch, lakonisch, liebevoll, rebellisch und auch ganz - still. Danach ging es daran, Miss Austen und dem geneigten Publikum phantasievolle Ratschläge für zeitlose Lebenskrisen zu erteilen: Ein Date mit einem älteren Mann geht in Ordnung, solange er sich nicht für den Papst hält. Der Kaufrausch, um sich mit schönen Dinge zu umgeben, ist schiere Notwendigkeit. Auch eine Juristin darf an der Berufswahl zweifeln, wenn’s um „Kies“ geht. Die eigene Authentizität sollte der mitten im Leben kochenden Jane wichtiger sein, als eine beeindruckende Speisenfolge. Und Couching mit dem Schweinehund ist allemal angenehmer, als Jogging für Anfänger. Nachdenkliche und sehr persönliche Worte der Autorinnen zu dem wiederkehrenden Tag der eigenen Geburt ließen diese mit über 30 Personen sehr gut besuchte Klappstuhllesung ausklingen. Das Publikum spendete großen Beifall und zeigte sich von diesem literarischen Format, dem Gehörten und der Darbietung der Autorinnen so angetan, dass sich das BuchLese-Team und auch das Schreibteam sehr gut ein nächstes Mal vorstellen können.