Norbert Schneider - Mundart
3. September 2024
In diesem Jahr startete die BuchLese etwas früher als sonst, wie immer in den urigen Räumen des Weinguts Hitziger und traditionell mit Mundart. Norbert Schneider war an diesem heißen Spätsommertag aus Rehborn/Glan angereist und hatte neben guter Laune auch seine Bücher und preisgekrönten Texte im Gepäck. Obwohl sich leider nur relativ wenige Zuschauer eingefunden hatten (darunter immerhin auch einige zugereiste „Fremdsprachler“), schnurrte Schneider - an einer alten Nähmaschine sitzend - ein äußerst unterhaltsames wie kurzweiliges Programm ab. Es ging um Alltagserlebnisse (nervenaufreibende Szenen in der Supermarktschlange), vun Schullehrer unn annere Spezjalischde (Ausflug ins Kunstmuseum), das Bildhafte des Pälzer Dialekts aber immer um den Spass an Sprache und Menschen. Mit seiner lebhaften Vortragsweise animierte er vor allem das einheimische Publikum, sich mit Zwischenmeldungen einzubringen. Im Gegensatz zu seiner Zeit als Lehrer konnte Norbert Schneider sich an diesem Abend sicher sein, dass ihm die gesamte Zuhörerschaft an den Lippen hing und auch zwischendurch den mehr als wohlverdienten Beifall spendete.
Klappstuhllesung im Kurpark
7. September 2024
Bei strahlendem Sonnenschein fand sich eine Schar Literaturinteressierter am Sebastian Kneipp-Platz ein. Ausgestattet mit Klappstühlen aller Art ging es ab in den Bergzaberner Kurpark. Nadine Burkhard-Bohrer machte den Anfang und trug passend zum Kafka-Jahr eine Kurzgeschichte vor, mit der sie die Zuhörer in eine andere Welt versetzte, welche beklemmend nah an der Realität zu sein schien. In der Nähe der Wassertrete betrachtete Elke Klimt die Farbe „Türkis“ aus den verschiedensten Blickwinkeln, wozu sie reichlich Wissenswertes zusammengetragen hatte. Weiter ging es durchs Grün zum Gedenkstein für Martha Saalfeld und Werner vom Scheidt, wo Renate Becker Lyrik und Prosa des Künstlerpaares vorlas. Wenige Schritte weiter überraschte Jean-Yves Dousset das Publikum mit einer erzählten Performance, in dem zwei Katzen (oder waren es seine Söhne? oder Freundinnen?) seinen Alltag durcheinander brachten. Obwohl es zur Edith Stein-Klinik bergauf ging, wurde es den Zuhörern immer leichter. Und am Ende dieser kurzweiligen Veranstaltung las Christel Herzhauser aus ihren Geschichten, in denen sich der eine oder die andere bestimmt wiedergefunden hat. Mit viel Bewegung, frischer Luft, Sonne und literarisch-philosophischen Anregungen vergingen zwei Stunden wie im Fluge, sehr zur Freude aller Mitwirkenden.
Märchen-Sagen-Legenden
10. September 2024
An diesem Abend ist die BuchLese nach Klingenmünster ausgeflogen, in den Mönchssaal des Klosters, mit dem genau das passende Ambiente für die atmosphärisch dichte Lesung von Pfälzer Märchen-Sagen-Legenden gefunden worden war. Renate Becker machte den Anfang mit Sagen, die vom Ort und dem Kloster Klingenmünster, von König Dagobert, der Burg Landeck, Liebesgeschichten, blutrünstigen Ritter und mutigen Bauern handelten. Tanzende Hexen, ein finsterer Mann, der Schatz hinter dem Schlösschen wurden in den Sagen und Märchen beschrieben, die von Udo Kerst vorgetragen wurden. Christel Herzhauser erzählte vom Geist auf der Stadtmauer, vom untreuen Trommler, dem Teufelstisch, Prinzessin Petronella und der Burgfrau vom Berwartstein. Auf heimischem Terrain schuf Rainer Dietrich mit seiner E-Geige und elektronischen Verstärkern ein magisches Klangerlebnis, das von einer Kayser Etude, Pachelbels Kanon, über Blondels Lied an Richard Löwenherz bis hin zu einer Sweet Dreams-Variation reichte. Das Publikum ließ sich von Texten und Musik verzaubern und belohnte alle Mitwirkenden mit einem herzlichem Beifall.
Mond
19. September 2024
Nichts ist so schön, wie der Mond von … Bad Bergzabern. Im gastlichen Raum der Stadtmission knüpften Renate Becker und Lukas Grimm mit Mehr Mond nahtlos an ihren erfolgreichen musikalischen Lyrikabend des letzten Jahres an, denn die in der Anthologie „Es war, als hätt der Himmel die Erde still geküsst“ versammelten Gedichte aus einem halben Jahrtausend verlangen danach, laut vorgelesen zu werden. Und so kam die zahlreich erschienene Hörerschaft in den Genuss ausgewählter Werke von Wilhelm Busch (Mondbummelant), Achim von Arnim (Wasser und Wein bzw. Becker und Grimm lieferten sich einen fabelhaft aufgeplusterten Wettstreit), Ulrich Maske (ein moderner Sommernachtstraum mit Jazz-Anklängen) und vielen anderen. Renate Beckers liebevoll-leidenschaftliches Vorlesen wechselte sich mit Lukas Grimms gekonnt-virtuosem Klavierspiel ab und machte den Abend zu einer runden Sache, die mit großem Applaus belohnt wurde - und den abnehmenden Mond neidisch gemacht haben dürfte. Das treue Publikum darf gespannt sein, welch „himmlische“ Poesie das seit nunmehr 23 Jahren eingespielte Duo Becker/Grimm im nächsten Jahr in petto haben wird.
Erich Kästner
24. September 2024
Es waren nicht gebackene Käsefüße und eine ansprechende Getränkeauswahl, die das Publikum in das Haus der Familie strömen ließ, sondern Elke Wöhler-Wischhusen mit ihrem ergreifenden Erich Kästner-Programm. Der Abend fing mit der Lebensgeschichte Kästners an, der vor 125 Jahren in Dresden geboren und von dem Erlebten zweier Weltkriege geprägt wurde. Wöhler-Wischhusen verteilte wohldosiert eine Auswahl seiner Texte in Kästners Werdegang, darunter Sergeant Waurich, das Abendlied des Kammervirtuosen und Die Entwicklung der Menschheit. Sie zeichnete das Bild eines erfolgreichen und weitsichtigen Schriftstellers, der sich angesichts des Ausmaßes der Nazi-Gräuel nicht in der Lage sah, das Geschehen rückblickend zu bilanzieren. Die zweite Hälfte des Abends galt Kästners autobiografischem Werk „Als ich ein kleiner Junge war“, in dem er seine Herkunft und seiner Kindheit, die mit dem Beginn des 1. Weltkrieges brutal endete beschreibt. Elke Wöhler-Wischhusen gelang es mit ihrem hervorragend vorbereiteten Skript und ihrer gekonnten, warmherzigen Vortragskunst, das Publikum gleichermaßen zu fesseln, zu begeistern und mit vielen Denkanstößen nachhause gehen zu lassen.
Das Gedächtnis der Töchter
10. Oktober 2024
Aus Köln reiste Irene Langemann an, um aus ihrem Romandebüt vorzulesen, das bereits in die dritte Auflage geht. In der einladenden Vinothek des Weinguts Knöll & Vogel, vor fast ausverkauftem Haus, stellte die Autorin zunächst klar, dass der Roman zwar in Teilen autobiografisch sei, die meisten Ereignisse und Erlebnisse jedoch auf Archiv-Recherchen, Augenzeugenberichten und wissenschaftlichen Publikationen basieren. Aus der Perspektive der vorletzten Generation, der Mutter, erzählt sie in lakonischer und sehr anschaulicher Sprache die Chronik einer Mennonitenfamilie und ihrem weniger von Freude, als überwiegend von Entbehrungen, Verlusten und Grausamkeiten geprägten Leben. Dieser Teil des Romans umspannt einen Zeitraum vom frühen 19. Jahrhundert bis in die nachstalinistische Zeit. Für die letzte Generation, in den 1970er Jahren, lässt Langemann das Mädchen Vera berichten, von dessen Erlebnissen als Kind und Heranwachsende, die trotz aller Anstrengungen, dazugehören zu wollen, für ihre Mitschüler immer die „Faschista“ bleibt, aber schließlich nicht den Mut und die Hoffnung verliert - wie ihre Vorfahrinnen. Das Publikum war von diesem harten Tobak sichtlich ergriffen und tauschte sich nach der Lesung untereinander und mit Irene Langemann noch ein wenig aus, über erzählte und selbst erlebte Erinnerungen, die im Gedächtnis bleiben.